EU-ENTWALDUNGSVERORDNUNG, EINE ÜBERSICHT

Sojaernte
Wir sind für den Klimaschutz – allerdings sind wir der Meinung, dass die Maßnahmen zur Umsetzung der Entwaldungsverordnung angepasst werden müssen.
Hier eine Übersicht der Maßnahmen und warum wir denken, dass diese kontraproduktiv wirken könnten.

EU-ENTWALDUNGSVERORDNUNG, EINE ÜBERSICHT

Ende Mai 2023 wurde vom Europäischen Rat gemeinsam mit dem europäischen Parlament die EU-Entwaldungsverordnung 2023/1115 beschlossen. 

Die Verordnung beinhaltet EU-weit einheitliche Regelungen für entwaldungsfreie Lieferketten zu den Rohstoffen

  • Rinder, Kakao, Kaffee, Ölpalme, Kautschuk, Holz und
  • Soja.

Das Ziel der Verordnung ist es, der internationalen Abholzung von Regenwäldern entgegenzuwirken und dieses Ziel unterstützen wir natürlich.

Nun kommt die Herausforderung: das von der EU für diese Zwecke festgelegte Regularium kann aufgrund von WTO-Verpflichtungen nicht einseitig nur für Importe gelten, sondern muss gleichlautend auch bei Produktionen innerhalb der EU angewendet werden, also auch für den heimischen Sojaanbau. 

Die vorgesehenen Maßnahmen sind für unsere Marktteilnehmer ein bürokratisches Monster.

  • Sojabohnen
  • Sojaschrot
  • Sojamehl
  • Soja-Ölkuchen und
  • Sojaöl

dürfen von unseren Betrieben ab 1.1.2025 nur mehr dann in Verkehr gebracht werden, wenn von ihnen vorher eine Sorgfaltserklärung über das Internet in eine lnformationsplattform in Brüssel abgegeben wurde, in der erklärt wird, dass

  • die Sojabohnen nicht auf Flächen gewachsen sind, die nach dem 31.12.2020 gerodet wurden
  • die Sojabohnen und alle daraus hergestellten relevanten Erzeugnisse (Mehl, Schrot, Kuchen, Öl) den einschlägigen Rechtsvorschriften entsprechen
    • Landnutzung
    • Umweltschutz
    • Rechte Dritter
    • Arbeitnehmerrechte
    • Völkerrechtlich geschützte Menschenrechte
    • Rechte indigener Völker
    • Steuer-, Korruptionsbekämpfung-, Handels- und Zollvorschriften
  • Name und Anschrift der Marktteilnehmer
  • Handelsbezeichnung, Zolltarifnummer, Menge
  • Erzeugerland, Landesteil und Geolokalisierung aller Grundstücke, auf denen die Sojabohnen gewachsen sind.

Zudem müssen von den Marktteilnehmern Unterlagen, Daten und Informationen gesammelt und fünf Jahre aufbewahrt werden,

  • Zugeteilte Referenznummern aus dem Portal in Brüssel 
  • Namen der betroffenen Unternehmen und Personen 
    • von allen Lieferanten
    • und von allen Kunden
  • Informationen mit denen „angemessen, schlüssig und überprüfbar“ die Entwaldungsfreiheit der Erzeugnisse nachgewiesen werden kann (z.B. Satellitenbilder oder Bestätigungen von Marktordnungsbehörden)

Die nationalen Behörden sind aufgefordert, die Betriebe und deren Daten zu kontrollieren und bei Verstößen zu sanktionieren. Die Strafen können bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes ausmachen.

Erleichterungen für KMUs und Landwirtinnen und Landwirte

  • Anwendung erst ab 1.7. 2025 statt 1.1.2025
  • Keine verpflichtende Einrichtung einer Complianceabteilung (zur Verhinderung von Korruption, Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung, Verstoß gegen Sanktionen etc.)
  • Keine jährliche Pflicht zur Veröffentlichung der Aktivitäten hinsichtlich Entwaldungsverordnung im Internet

Die Erleichterungen für KMUs und Landwirte sind viel zu wenig weitgehend. Die Verordnung sieht Ausnahmen für Kleinerzeuger außerhalb der EU vor, aber nicht für unsere Bäuerinnen und Bauern. Das ist absolut unverständlich, hier besteht großer Handlungsbedarf.

WAS BEDEUTET DIE EU-ENTWALDUNGSVERORDNUNG FÜR DIE HEIMISCHE SOJAWIRTSCHAFT, KONSUMENTEN UND DAS KLIMA ?

Wer ist betroffen?

Grundsätzlich ist die gesamte Sojabranche betroffen, 

weil die Belastungen schon beim Sojaanbau beginnen. 11.000 heimische Sojalandwirtinnen und Landwirte gelten im Sinne dieser Verordnung als Inverkehrbringer von Sojabohnen und müssen die Erfordernisse vollumfänglich erfüllen.

Die dabei entstehenden Kosten werden in jeder Lieferkette durchschlagen und in der Folge alle daraus hergestellten Produkte teurer machen – egal ob Futter- oder Lebensmittel aus Sojabohnen wie zum Beispiel Tofu, Sojadrinks, Tempeh Sojasauce oder etwa Texturate.

Zusätzlicher Aufwand

Händler und Verarbeiter, die Sojabohnen, Sojaschrot, Sojamehl, Soja-Ölkuchen oder Sojaöl in Verkehr bringen, haben für diese Produkte zusätzliche bürokratische Erfordernisse zu erfüllen, die die Kosten und in der Folge die Preise weiter in die Höhe treiben werden.  

Hilft die Verordnung dem Klimaschutz?

Diese Regelungen wird nur die EU anwenden, sie gilt für Sojabohnen und Produkte, die in die EU importiert werden, die in Europa angebaut werden oder aus der EU exportiert werden. Keine anderen Länder auf der Welt haben derartige Regelungen, die EU will als internationales Vorbild vorangehen.

Die EU importiert jährlich rund 9 % der Weltproduktion von Sojabohnen, davon stammen zwei Drittel aus Südamerika. Große Importeure sagen uns, dass es für sie überhaupt kein Problem ist, ab Jänner 2025 Soja von Flächen zu liefern, die nicht nach dem 30.12.2020 gerodet wurden. Es gibt in Südamerika genug Flächen, die vor dem Stichtag gerodet wurden. Und es gibt noch mehr Flächen, die gar nicht erst gerodet werden mussten oder Savannengebiete, die nicht in die Verordnung fallen wie etwa dem Cerrado in Brasilien.

Die anderen Importländer werden mitunter weiterhin von frisch gerodeten Flächen einkaufen und das auch noch billiger. Chinas Wirtschaft hat den größten Bedarf, er macht aktuell knapp zwei Drittel der weltweiten Importe aus.

Durch die Entwaldungsverordnung verlagert daher die EU nur das Problem für den Regenwald, aber sie löst es nicht. Dem Klimaschutz wird die Entwaldungs-verordnung daher leider nicht helfen. 

Auswirkungen auf Österreich / auf die EU

Der Sojaanbau in der EU ist eine Erfolgsgeschichte. Allein in Österreich hat sich die Anbaufläche in den letzten 15 Jahren verfünffacht. Wir fürchten, dass diese positive Entwicklung jetzt kippt. Der bürokratische Aufwand für Landwirte und die Händler ist zu groß. Außerdem betreffen die Auflagen nur Soja, alle anderen Feldkulturen sind frei von dieser Bürokratie. Die Bauern werden reihenweise auf andere Feldfrüchte ausweichen. Der Importbedarf wird dadurch größer werden. Das konterkariert die Eiweißstrategie der EU, deren erklärtes Ziel die Verbesserung der Eigenversorgung mit Soja und damit eine Reduktion der Importe ist.

Das ist alles weder gut für die Umwelt, noch für die Preise: diese werden bei uns steigen, weil die großen global agierenden Player des Agrarhandels die erhöhten Kosten für Bürokratie und Logistik verdienen müssen und aufschlagen werden. 

Sämtliche Lebens- oder Futtermittel, bei denen Soja in der Produktion eingesetzt werden, werden daher in der EU teurer werden. Im Gegensatz dazu bleiben importierte Lebensmittel aus Sojabohnen günstiger, weil dort keine Auflagen gelten. 

Der Wald wächst in Österreich und in der EU. Der Regenwald schrumpft. 

In Österreich wächst die Waldfläche durchschnittlich um sechs Hektar pro Tag. In der EU ist der Wald zwischen 1990 und 2020 um 16,8 Mio. Hektar gewachsen. Im gleichen Zeitraum ist sind in Brasilien 40 Mio. Hektar Regenwald gerodet worden. Auf diesen gigantischen Flächen können auch in Zukunft Sojabohnen für den Export nach Europa angebaut werden und diese entsprechen zu 100 % der Verordnung.

Was für weitere Benachteiligungen sorgt, ist die Gleichstellung der EU-Ware mit Importware. Unsere Sojabohnen werden auf dieselbe Stufe gestellt wie Sojabohnen aus Südamerika, die auf Flächen gewachsen sind, die vor dem Stichtag gerodet wurden. EU-Ware hätte dann bezüglich des Hauptkriteriums der Verordnung keinen Vorteil mehr, obwohl bei uns die Entwaldung seit Jahrzehnten kein Thema ist. Unsere Flächen werden rechtlich gleichgestellt mit Brandrodungen im Regenwald vor dem 30.12.2020, das ist absolut unakzeptabel.

Die Bürokratie macht die Großen größer und die Kleinen kaputt

Die enormen bürokratischen Hürden für die Teilnehmer entlang der gesamten Wertschöpfungskette werden insbesondere kleinen Betrieben schwer zu schaffen machen. Sie müssen für Personal, Organisation und EDV viel Geld in die Hand nehmen, um die zukünftigen Anforderungen erfüllen zu können. 

Viele haben schon angedeutet, aus dem Sojageschäft aussteigen zu wollen, wenn die Verordnung wie geplant angewendet werden muss, Bauern genauso wie Händler und Verarbeiter. Die vorgesehenen Erleichterungen für KMUs sind viel zu wenig, die wesentlichen Auflagen bleiben für alle Marktteilnehmer aufrecht. Die kleinen Marktteilnehmer laufen Gefahr, durch die überbordenden Maßnahmen unter die Räder zu kommen. Die Großen werden weiterwachsen.

Die EU-Entwaldungsverordnung geht am wesentlichen Kern vorbei 

Wie ausgeführt hilft sie leider dem Klima nicht, sondern sorgt für zusätzliche Auflagen, die nicht nur nichts bringen, sondern sogar kontraproduktiv wirken. Die Verordnung macht dem Anbau von Soja in der EU und seine Verarbeitung das Leben schwer. 

Eine wesentliche Voraussetzung für den Klimaschutz ist eine Hinwendung zu einer pflanzenbetonten Ernährung. Dieses Thema wird in der Verordnung weder angesprochen noch gefördert.

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